Presse
17.02.2023 - Gankino Circus
Die fränkische Band „Gankino Circus“ begeistert bei Kultur im Bürgerhaus / Musik, Geschichten und Showeinlagen
Mühlhausen – rka – „Die Letzten ihrer Art“, der Titel des Programms trifft bei der Band „Gankino Circus“ den Nagel auf den Kopf: Vier Musikvirtuosen, begnadete Geschichtenerzähler und markante Charakterköpfe, ein mitreißend und urkomisches Bühnengeschehen, handgemachte Musik und eine große Portion provinzieller Wahnsinn – wo, bitte schön, gibt es das heute noch? Ja, mitten im Fasching bei Kultur im Bürgerhaus. Da treffen urkomische Dorfgeschichten, halsbrecherische Akrobatik und eine spektakuläre Enthüllung, in deren Zentrum eine Bohrmaschine steht, auf eine grandiose Virtuosität auf verschiedenen Musikinstrumenten, die ihresgleichen sucht. Das Publikum im Bürgerhaus erlebt fränkischen Rock‘n‘Roll in Perfektion, dazu vier westmittelfränkische Musiker, die beweisen, dass sie nicht nur die Letzten, sondern auch die Besten ihrer Art sind. Das sind: Maximilian Eder (Akkordeon), Simon Schorndanner (Klarinette, Saxophon), Johannes Sens (Schlagzeug / Trompete) und Ralf Wieland (Gitarre).
Das Quartett kennt sich schon seit Kindertagen. Auf der Straße haben sie angefangen, gemeinsam Musik zu machen. Sie haben in ihrer Heimat, im fränkischen Dietenhofen, in Finnland, Serbien, der Ukraine und Bulgarien gespielt. Nach dem bulgarischen Nationaltanz, dem „Gankino Horo“, haben sie sich sogar benannt. Dieser Tanz, so erzählen sie, ist Musik im 11/8-Takt, den sie mit der fränkischen Volksmusik kombinieren. Das verleiht ihrer Musik ein treibendes Element. „Wir sehen die Volksmusik als Inspiration“, erklären die vier Franken übereinstimmend und beweisen an diesem Abend, dass Volksmusik weder unzeitgemäß noch verstaubt sein muss. Gleichzeitig ist der Abend eine Liebeserklärung an ihre Heimat Franken. Sie wissen genau, wie man das Publikum anspricht, packt und bei der Stange hält. Es sind drei Dinge: Musik, Geschichten und Showeinlagen. Die vier beherrschen ihre Instrumente mit absoluter Perfektion. Unbedingt hörens- und sehenswert, richtig gut und unterhaltsam!
Dreh- und Angelpunkt aller Geschichten ist das Dietenhofener Wirtshaus „Zur heiligen Gans“, das nicht nur das „Wohnzimmer“ der vier Künstler ist, sondern auch die Keimzelle des fränkischen Rock‘n‘Roll und Wirkungsstätte von „Weizen-Charlie“, dem Wirt und Dorfheiligen in einer Person. Die Atmosphäre lässt sich schlecht beschreiben, das muss man sehen und hören. Das ist so schön, dass es einem vor Lachen oft die Tränen in die Augen treibt. Der „Weizen-Charlie“ war der Wirt, um den sich die kuriosen Geschichten ranken, welche die vier hier in ihrer Jugend erlebten. „Es war eine schöne Jugend, ohne Krieg und ohne Terror“, so ihre Feststellung. „Weizen-Charlie“ war charakterstark, aber er hatte eine Schwäche: Er schlief oft über seinem Weizenbier ein. Wenn der flüssige Nachschub dann stockte, sangen seine Gäste manchmal: „Hat sich denn der Wirt erhängt, weil er uns kein Bier ausschenkt“ Das hört sich zwar nach Schunkelmusik a la Florian Silbereisen an, aber davon ist das Quartett musikalisch weit entfernt. Sie sind viel zu wild, zu brillant und an keinen musikalischen Stil gebunden. Jeder Musiker ist ein echter Profi auf seinem Instrument.
Und sie nehmen ihr Publikum mit auf ihre musikalische Reise und fragen provozierend: „Wisst ihr, auf was ihr euch einlasst“ Man macht im Saal alle Tempoverschärfungen mit und bekommt auch prompt Applaus von der Bühne: „Geiler Abend in Mühlhausen!“ Dann laden bekannte Stücke im 11/8-Takt zum Mitraten ein. Manche erkannten den „Zillertaler Hochzeitsmarsch“ und Vivaldis „Frühling“ aus den „Vier Jahreszeiten“. Viel Aufmerksamkeit erregte auch der Klarinettist Simon Schorndanner als „Fränkischer Flieger“, auf dem Gitarristen Ralf Wieland schwebend, als er auf seinem Instrument „Horch, was kommt von draußen rein“ anstimmte.
Nach „Weizen-Charlies“ Tod mussten sie sich eine neue Stammkneipe suchen und landeten beim Griechen. Da warteten ganz neue, musikalische Eindrücke auf sie. Ralf Wieland erfuhr, dass man den Sirtaki auf der Gitarre auch mit der Bohrmaschine spielen kann, und das tat er auch – und wie virtuos! Dietenhofen liegt nicht weit von Ansbach entfernt und da gab es bekanntlich amerikanische Soldaten. Ihre fetzige, rockige Musik hatten die vier dabei und mischten damit den Saal zu später Stunde so richtig auf. Innerhalb kürzester Zeit waren Band und Publikum auf höchster Betriebstemperatur, man klatschte und rockte begeistert mit. Es entwickelte sich ein künstlerisch perfekt auf den Punkt gebrachtes Chaos, fetzig, rasant und mitreißend. Wäre es nach dem Publikum gegangen, hätten zweieinhalb Stunden Programm nicht gereicht. Aber gekonnt drosselte das Quartett die Temperamente mit einem besinnlichen Ausklang: „Kein schöner Land zu dieser Zeit.“ Mit ihrer unbändiger Spielfreude, dem einzigartigen Humor und der zeitgemäßen Volksmusik machten die vier ihren Auftritt bei Kultur im Bürgerhaus zu einem unvergesslichen Abend.