Buergerhaus Muehlhausen im Kraichgau

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Presse

29.04.2022 - Django Asül

Hochkonzentrierte Komik, ernster Hintergrund, starke Pointen

Der Kabarettist Django Asül begeistert bei Kultur im Bürgerhaus
 
Mühlhausen – rka – „Offenes Visier“, so heißt das Programm des Kabarettisten Django Asül, das er vor einem begeisterten Publikum bei Kultur im Bürgerhaus präsentierte. Der Titel irritiert zunächst etwas, klingt er doch nach kriegerischer Auseinandersetzung und nach Waffengewalt. Ein Feldzug ist es schon, aber gegen Träger von Scheuklappen, gegen Engstirnige, Unbelehrbare und Hochgebildete. Mit denen hat er’s nicht so, der Django Asül. Nach gut zwei Stunden auf der Bühne in einem energiegeladenen, temporeichen und herrlich kurzweiligen Programm ist das offensichtlich. Hochamüsant verwebt der Künstler Brandaktuelles und Zeitloses.
Django weiß, mit welcher Taktik man beim Publikum ankommt. Er stellt eine Behauptung auf, kleidet sie in eine Szene, die jeder Besucher aus seiner Erfahrung kennt und somit nachvollziehen kann und untermalt sie nach Bedarf mit witzigen, lustigen, verblüffenden, aber immer originellen Beispielen aus dem Leben, bisweilen auch mit einergehörigen Portion purer Gaudi. Er weiß genau: Die Aufmerksamkeit des Publikums und die Lacher hat er auf seiner Seite. Aber aufgepasst! Darüber gibt es noch eine zweite Etage, gleichsam eine Geschichte über der Geschichte. Und die ist in ihrem Kern gar nicht so lustig.
Was Django beschäftigt, sind nicht Parteien und Politiker, sondern – wie er meint – die wirklich wichtigen Dinge des Lebens, die da wären: Solidarität, Nachhaltigkeit, Klimawandel, Einstehen gegen den Rassismus. Das klingt vielleicht nach Nebenschauplätzen – aber nicht bei Django. Denn er sagt es offen: „Die Realität da draußen hat schon lange nichts mehr mit der Wirklichkeit zu tun.“ Dementsprechend stellt der Künstler nicht nur wichtige Fragen, sondern liefert auch die Antwort. Wie können wir in Zeiten sozialer Verunsicherung hilfreiche Zeitgenossen sein? Wie sieht es mit dem Respekt in unserer Gesellschaft aus? Wie kann man zu Fuß spannenden Urlaub machen und dabei das Klima schonen? Wie muss ich heute leben, um später der Demenz zu entkommen? Wie erreichen wir die gerechte Verteilung des Wohnraums?
„Öffnen Sie Ihren Weitwinkel so weit wie möglich,“ so fordert Django sein Publikum auf. Aber zunächst stellt er sein eigenes Objektiv auf Nahaufnahme und bekennt sich als „Mühlhausen-Fan“. Intensiv hat er sich den Tag über mit der Historie des Dorfes beschäftigt und kennt alle wichtigen, historischen Ereignisse: Erste Erwähnung, Zugehörigkeit zum Fürstbistum Speyer, Dreißigjähriger Krieg, Blütezeit der Zigarrenindustrie. Mit einem Geschenkgutschein habe er sich einer „Altstadtführung“ angeschlossen und dabei die Erkenntnis gewonnen, dieses Dorf sei unter den vielen Mühlhausen „schlechthin das wahre Mühlhausen, ein Sehnsuchtsort für alle Bayern, das Las Vegas für die Region.“ Darüber hinaus habe Mühlhausen „bundesweite Bedeutung“, denn die Chefs des Bundesverfassungsgerichts und der SAP seien hier beheimatet. Kurz zusammengefasst: „Ohne Mühlhausen wäre die Republik ärmer.“
 
Doch genug der Lobhudelei! Django hat das Publikum auf seiner Seite – und beide lassen sich nicht mehr los. Ob er als Kabarettist wirklich arbeitet? Seine kleinen Nichten, sieben und zehn Jahre, bezweifeln das: „Das, was du machst, kann man nicht als Arbeit bezeichnen.“ Er verdiene also Geld, ohne zu arbeiten. Es sei halt alles eine „Frage des Blickwinkels.“ Dann bekennt er sich als „großer Stammtischfreund“ in seinem Heimatort Hengersberg. „Damit wir uns nicht zu sehr auf den Keks gehen, treffen wir uns bloß sechsmal die Woche.“ Und da gebe es unter den Stammtischbrüdern nun mal verschiedene Blickwinkel, wobei es wichtig sei, „verschiedene Blickwinkel zu tolerieren.“ Leider sei oft der „Respekt vor anderen Blickwinkeln verloren gegangen, man wird einfach überbrüllt.“ Auch in den Familien gebe es „unüberbrückbare Differenzen,“ weil viele einen Unterschied zwischen Familien- und Privatleben machen.
Djangos Sicht weitet sich beim Blick auf den Wohnungsmarkt. „In den richtigen Wohnungen sitzen die Falschen,“ so stellt er fest und plädiert für mehr Wohngemeinschaften. In diesem Zusammenhang prangert er sie „zunehmende Ungleichheit“ an,  den „Individualisierungs- und Optimierungszwang“ an. Was muss passieren, dass ich ganz oben bin? Doch mit dieser Einstellung fahre „der Fahrstuhl der Gesellschaft immer weiter nach unten.“ Aber der Kabarettist hat auch eine gute Nachricht: „Es kann nicht jeder der erste sein.“
Dann kommt Django auf seine Schulzeit zu sprechen. Als Schüler sei er ein „richtiger Kotzbrocken“ gewesen. Er sei halt viel weiter gewesen als seine Mitschüler, die damals noch vom „Pumuckl“ begeistert waren, er eher von Italo-Western. Mit Karl May habe er nichts anfangen können. „Karl May war ja Sachse. Ein Ossi schreibt Western. Unglaublich!“ Solche flapsigen Bemerkungen streut der Kabarettist immer wieder ein – eher als schmückende Elemente. Denn im eigentlichen Kern geht es ihm um Solidarität, Verständnis, um das Entfernen von Scheuklappen, um verschiedenen Blickwinkel und die daraus resultierende Toleranz. Die täte nämlich nicht nur „meinen Hengersberger Aborigines“ gut, sondern uns allen.
Damit ist er beim Thema „Rassismus“ angekommen. Stichwort „Asylanten“: „Ein Weißer, der in Bayern auffallen will, muss sich richtig aufführen, bei einem Afrikaner langt die Farbe. Pech für ihn!“ Oder: „Ein Afrikaner kann doch nichts dafür, dass er dort geboren wurde.“ Zum Thema „Ausländer“ sagt er generell: „Wenn ein Syrer Herzchirurg ist, geht er bei uns locker als Schwede durch.“ Hinter solchen Feststellungen steckt durchaus Zündstoff und ein wahrer Kern.
Als „überzeugter Europäer“ mache er natürlich auch Urlaub in EU-Ländern wie Malta und tanke seinen „EU-Akku“ auf. Dann entwickelt er einen Abriss über die Geschichte des Landes, das schon immer eine Steueroase gewesen sei. „Da könnt ihr bescheißen – und das ganz legal.“ Die maltesische Sprache sei eine Mischung aus arabisch und italienisch, was durchaus dem Wesen der Malteser entspreche: „Bakschisch und Mafia.“
Schließlich landet Django beim Klimawandel und fordert auch hier mehr Solidarität: Weniger fliegen, mehr zu Fuß. Von Schiffsreisen rät er dringend ab: „Da kannst du nicht einmal abhauen.“ Für sich hat er eine Lösung gefunden: Urlaub im Nachbarhaus. Da wohnen nämlich Lehrer und die brauchen Abstand von Zuhause, weil sie heute „mehr Sozialarbeit als Bildungsarbeit leisten müssen.“ Kurz vor Schluss bekommt das Publikum auch noch Tipps für das Alter. Plan A: Jeden Tag bewegen, aktiv die Zeit ausbremsen, jeden Tag „sich auf die Gegenwart konzentrieren.“ Denn, so seine Feststellung, „die Vergangenheit ist weg, und ob die Zukunft kommt, ist ungewiss.“ Von Plan B rät er ab: „Als Bewegungsmuffel kann man das hohe Alter auch vermeiden.“ Er verabschiedet sich von seinem begeistert mitgehenden Publikum mit dem Rat: „Machen Sie Ihren Weitwinkel noch weiter!“